Könnt ihr euch noch an die Diskussion über die Nahkampfspange erinnern?
Habe da bisschen recherchiert und ein kurzes Interview gefunden von Franz Schmid, einem Träger der Nahkampfspange in Gold.
Franz Schmid aus Aislingen erinnert sich noch genau an seine Dienstzeit im Zweiten Weltkrieg. Er bedauert, dass an seine gefallenen Kameraden wenig gedacht wird.
Auch 70 Jahre nach Kriegsende träumt Franz Schmid regelmäßig vom Krieg. Erst gestern, erzählt er, sei er noch als Soldat im Krieg gewesen – in seinen Träumen. Er vergisst nicht. Die Menschen sollen es auch nicht. Deshalb ist für den Aislinger der Volkstrauertag ein wichtiges Datum im Jahreskalender. Er gehe schon immer auf den Friedhof, nur ein einziges Mal habe er es nicht geschafft. „Die Glocken läuten. Am Grab spielt Musik und es wird Salut geschossen.“ Das gefalle ihm sehr.
Franz Schmid bedauert es aber, dass ansonsten nur wenig an die gefallenen Soldaten erinnert wird. „Für Fahnenflüchtlinge werden Denkmäler gebaut. An die Soldaten, die gestorben sind, um ihr Vaterland zu verteidigen, wird weniger gedacht“, stellt er fest und betont, dass er und seine Kameraden keine Nationalsozialiten, sondern Soldaten waren. „Wir waren Soldaten, keine Nazis. Wir haben nur gehorcht.“ Von der Judenverfolgung hätte er erst mitbekommen, als er wieder daheim war. „Ich kann niemandem sagen, wie dreckig ich mich gefühlt habe, als ich vom Kriegsende erfuhr“, sagt der heute 95-Jährige. „Die ganze Welt war gegen uns – das war zuviel.“
Schmid, der eigentlich gelernter Maurer ist, wurde zu Kriegsbeginn nach Wolfratshausen einberufen, um beim Aufbau einer Munitionsfabrik und eines Lagers zu helfen. Eineinhalb Jahre später wurde er 1940 zur Wehrmacht eingezogen. Der Aislinger diente beim Panzerpionier-Bataillon 27 BTL. „Wir waren Brückenbauer. Wir mussten immer vorausgehen, um den Weg für die Panzer zu ebnen“, erzählt er. Seine Dienstzeit hat er hauptsächlich in Russland und Polen verbracht. Für ein Jahr hätte ihn der Führer vom Frontdienst befreit, nach Hause gegangen ist er trotzdem nicht. „Ich hatte damals 74 Nahkämpfe gewonnen. Ab 50 Kämpfen wurde man befreit“, erklärt der ehemalige Soldat. „Ansonsten hat man nur Heimaturlaub bekommen, wenn man verwundet wurde.“ Insgesamt fünf Mal wurde Schmid verletzt. Ende September 1941 hatte ihn beim Angriff auf ein russisches Dorf ein Granatsplitter am Rücken getroffen.
Erst drei Monate später hätte ihm der Stabsarzt den Splitter entfernt. Zwei Jahre später landete eine Granate auf dem Bunker, in dem sich Schmid mit seinen Kameraden aufhielt. „Wir haben so gehofft, dass der Flieger einfach vorbeifliegt, aber die Granate traf uns.“ Schmid hatte Glück, er stand direkt am Eingang. Der Karabiner, der an seinem Bein lehnte, wurde in der Mitte durchgeschlagen. „Sonst wäre mein Fuß weg.“ Am rechten Ohr ist er aber seit diesem Tag schwerhörig.
Bei seinen Erzählungen lässt der ehemalige Pionier die grausamen Erlebnisse bewusst aus. Auch in seinem Buch „Und immer wieder Nahkampf“, das der Träger der Nahkampfspange in Gold 2009 veröffentlichte. Für ihn war das Buch eine Art Therapie. Denn anders als heute, wurden die damaligen Soldaten nicht psychologisch betreut. „Wir wurden gemieden und verachtet.“ Seit der Veröffentlichung bekomme er jedoch Briefe von jungen Soldaten aus der ganzen Welt. Soldaten aus Mexiko, Korea, China und anderen Ländern kämen sogar zu ihm nach Aislingen. „Von den jungen Soldaten werde ich als letzter Zeitzeuge verehrt“, erzählt er und legt einen der Stapel Briefe auf den Tisch. Darunter sind auch viele Fotografien von ihm, die er signieren soll. Manche lässt er aber unbeantwortet. Er zeigt ein bearbeitetes Bild, das ihn in einen nationalsozialistischen Hintergrund einbettet und legt es schnell wieder weg. „Ich achte genau darauf, dass keine Neonazis dabei sind“, sagt Schmid, der recherchiert, von wem solche Briefe kommen.
Früher hat er sich viel Zeit für die Briefe genommen. Und den Kontakt zu jungen Soldaten gepflegt. Heute sieht er nicht mehr gut und ist auf die Hilfe seiner drei Kinder und Enkelin angewiesen, die mit ihm im Haus lebt. Trotz seiner Erlebnisse hat Schmid, der am 18. Oktober seinen 95. Geburtstag feierte, sein Lächeln nicht verloren. Und so wird er auch am Volkstrauertag seinen verstorbene Kameraden gedenken.
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