Die Alternative etabliert sich
Mit dem jungsten Bundesparteitag hat sich die AfD in großeren und teilweise scharferen Umrissen ein programmatisches Profil gegeben. Es war mit Spannung erwartet worden, was passieren wurde, wenn vielfaltige Projektionen und Erwartungen durch konkrete Beschlusse ersetzt werden. Fast zwangslaufig mußte es auch zu absurden Situationen kommen, wenn der Versuch unternommen wird, aus einem Antragsbuch von 1.500 Seiten in anderthalb Tagen und unter Mitwirkung von 2.000 Mitgliedern ein Programm zu destillieren.
Der große Ernst, mit dem die Mitglieder um den Kurs stritten, notigte jedoch selbst linken Journalisten Respekt ab. Der Reporter des Hamburger Stern attestiert der AfD in seinem Bericht „ungeheure, auch unheimlich zu nennende Vitalitat“. Volle zwei Tage in einer chronisch uberfullten Halle uber ein Grundsatzprogramm „zu debattieren, zu streiten, abzustimmen“, das sei „politisches Engagement und direkte Demokratie, gelebt mit einer Ausdauer und einer Intensitat, wie sie in Deutschland lange nicht mehr zu beobachten waren.“
Die Ausrichtung bleibt eine Baustelle
Es ist in bestem Sinne politisiertes Burgertum, das hier Zeit und Herzblut investiert, um an der politischen Willensbildung mitzuwirken. Es war zu erleben, daß die AfD dabei ist, sich zurechtzurutteln. In der Regel setzte sich eine vernunftige Mitte durch. Es fielen wichtige Entscheidungen. Bedenklich war, wie selten Sprecher und Vorstand jedoch inhaltlich Fuhrung zeigten und wie wenig sie selbst in die Debatte bei heiklen Fragen eingriffen.
Es waren Mitglieder, die dafur sorgten, daß eine problematische Totalabsage an jegliche Einwanderung noch einmal revidiert wurde. Immerhin wurde die Forderung nach einem abenteuerlichen Nato-Austritt Deutschlands mit deutlicher Mehrheit abgelehnt, nachdem Alexander Gauland im letzten Moment in einem Pladoyer entschieden die Westbindung verteidigt hatte.
Die AfD nimmt Kurs auf den Bundestag
Viele Kontroversen konnten jedoch nicht ernsthaft genug geklart werden, fielen dem Stakkato der notwendigen Parteitagsregie zum Opfer. Die intellektuelle, weltanschauliche Ausrichtung der AfD bleibt damit auch nach dem Parteitag eine Baustelle, und es ist offen, wer hier eigentlich echte geistige Fuhrung ubernimmt. Die Irritation uber den unklaren Kurs manifestierte sich fur Beobachter auch darin, daß die zwei verbliebenen EU-Abgeordneten der AfD sich kurzlich unterschiedlichen Fraktionen anschlossen.
Die AfD nimmt Fahrt auf Richtung Bundestag. Sie ist im Moment nicht zu stoppen. Die Arroganz, der Hochmut gegenuber den Politneulingen weicht sowohl bei Journalisten als auch bei den Mitbewerbern anderer Parteien wachsendem Respekt. Die AfD ist ein Faktor. Sie etabliert sich derzeit mit Macht zur drittstarksten Kraft.
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